Nick Cave and the Bad Seeds. Skeleton Tree. Bad Seed Ltd. /Limmat Records.
Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)
«Wir wollen uns nicht wirklich ändern, nur modifizieren zu einer besseren Version unserer selbst. Aber was machst du, wenn etwas Schreckliches passiert und du dich ganz plötzlich veränderst und nicht mehr der bist, der du mal warst?», fragt Nick Cave im Film «One More Time with Feeling», der zur Veröffentlichung des neuen Albums erschien. «Skeleton Tree» ist das erste Album nach dem tragischen Unfalltod von Caves Sohn. Und auch wenn es schlechter Stil ist, von der Biografie auf die Kunst zu schliessen, kommt man hier fast nicht umhin. Cave macht es im Film selber zum Thema und lässt einen das Trauma nicht vergessen. Wenn er in «Jesus Alone» singt «mit meiner Stimme rufe ich dich», ist das dann der Vater, der nach dem toten Sohn ruft? Oder wenn er die Zeile spricht: «Sie sagten uns, die Götter würden uns überleben, aber sie haben gelogen», hört sich «Götter» wie ein Synonym für Kinder an. Caves Musik war oft düster, nun klingt sie vor allem traurig und zerbrechlich. Ganz besonders im herzzerreissenden «Distant Sky», auf dem die Sopranistin Else Torp mitsingt und das sich wie ein Schlaflied anhört. «Es gibt eine Art Hilflosigkeit in den Songs», sagt Cave im Film. «An der narrativen Form bin ich nicht mehr so interessiert wie auf früheren Alben, denn das Leben ist nicht so. Es gibt keine Auflösung am Ende.»