Serie «Dark». Netflix. Drama. Von Baran bo Odar. Mit Louis Hofmann, Oliver Masucci, Jördis Triebel, Maja Schöne.
Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)
Im deutschen Wald lauert das Grauen. Das wussten schon die Gebrüder Grimm. Nur ist es dieses Mal nicht der grosse böse Wolf, der unschuldigen Mädchen in roten Mäntelchen auflauert, sondern eine unbekannte Macht, die Knaben verschwinden lässt und deren Leichen mit geschmolzenen Augen und zerborstenen Trommelfellen wieder ausspuckt. Ausserdem scheint es dort irgendwo ein Wurmloch zum Jahre 1986 zu geben. Mindestens einer der Knaben reist in der Zeit zurück und wird mit Föhnfrisuren und Synthiepop konfrontiert.
Nach drei Folgen gibt es kaum Hinweise darauf, was in der Kleinstadt am Rande eines Waldes passiert ist. Es geht um vier Familien, die durch dunkle Geheimnisse miteinander verbunden sind. 1986 ist der erste Bub verschwunden, 2019, dreiunddreissig Jahre später, hat sich einer der Väter umgebracht und einen ominösen Brief hinterlassen, und es sind zwei weitere Knaben verschwunden. Ausserdem scheint ein Kernkraftwerk in alles verwickelt.
Die erste deutsche Serie von Netflix erinnert in einigen Punkten an «Stranger Things» und zieht auch Inspiration von den Nordic-Noir-Serien, ist aber individuell genug, um kein Abklatsch zu sein. Es sind typisch deutsche Figuren in der spiessbürgerlichen Pampa, die das Herz der Serie ausmachen. Die Produktion ist gelungen, sie ist stimmig mit ihrer Noir-Ästhetik und dem Spannungsbogen, den sie aufrecht erhält. Nur die grosse Anzahl der Personen überfordert einen anfangs.Wenn die Serie es schafft, all die aufgeworfenen Fragen am Schluss auch zu beantworten, dann ist es ein erstes Glanzstück, das Netflix in Deutschland produziert hat.