Bärte trimmen

Reality Show «Queer Eye». Netflix, 2018. 8 Folgen à 45 min. Von David Collins. Mit Tan France, Karamo Brown, Jonathan Van Ness, Antoni Porowski, Bobby Berk.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Reality-Shows kann man lieben oder hassen, aber man sollte sie nicht im Vorhinein verteufeln. Als 2003 die Vorläufersendung «Queer Eye for the Straight Guy» ausgestrahlt wurde, war das Aufheben gross. Fünf schwule Männer krempelten in jeder Folge das Leben eines hoffnungslosen Hetero um. Sie trimmten ihnen die Bärte, steckten sie in vorteilhafte Kleider und räumten ihre Wohnungen auf. Nach 45 Minuten wurde aus dem Höhlenmensch ein ansehnlicher Schwan, der endlich eine Chance bei Frauen hatte. Etwas zugespitzt war die Prämisse: Schwule Männer helfen Heteros, Frauen flachzulegen. Dann verschwanden sie wieder.

Nun sind die fabelhaften fünf in anderer Besetzung zurück. Und noch immer geht es darum, Bärte zu trimmen und hässliche Hemden zu entsorgen. Während sie früher aber Heteros zum Glück verhalfen, stehen sie nun für sich selber ein. Wie in allen Komödienformaten geht es auch hier um die persönlichen Begegnungen zwischen Menschen, nicht um grössere politische Zusammenhänge. Aber genau darin liegt die Faszination der Show. Da erklärt beispielsweise der schwule Afroamerikaner Karamo einem Klienten, einem weissen Polizisten, wie schwierig es für ihn ist, einen Polizisten und Trump-Wähler zu unterstützen, und was das bei ihm auslöst, worauf sich ein ehrliches Gespräch über Polizeibrutalität entwickelt. Die Serie enthält viele solcher Momente. Natürlich wird sie nicht die Welt ­verändern, aber sie bringt Menschen aus unterschiedlichen Schichten ins Gespräch miteinander. Und mehr kann man von unterhaltsamem Fernsehen nicht erwarten.

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