Atlanta wird zur neuen Kulturmetropole der USA

Abgrundtiefe Armut und grenzenloser Reichtum treffen in der Rap-Hauptstadt Atlanta unmittelbar aufeinander.

Das Zentrum der Südstaaten hat viel mehr zu bieten als Coca-Cola und CNN. Seit ein paar Jahren zieht eine junge Kreativszene Musiker und Filmstudios an.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Das Herz der amerikanischen Kultur schlägt traditionell an den Küsten am stärksten. New York und Los Angeles spielen in allen Bereichen ganz vorne mit. Bis jetzt. 

Denn seit einigen Jahren mausert sich die kleine verschwitzte Schwester aus Amerikas tiefem Süden zu einer echten Konkurrenz. Atlanta ist den meisten bekannt als Heimatort von Martin Luther King, CNN und Coca-Cola, als Austragungsort der Olympischen Spiele 1996 und dem Handlungsort des Nostalgieschinkens «Vom Winde verweht» (1939).

Kultur verlangt nach neuem Input und einer Vermischung unterschiedlicher Stile, und dafür sind die Küsten prädestiniert. Aber eben auch Atlanta, das 1837 an einem Knotenpunkt zweier Eisenbahnstrecken gegründet wurde. Damals dachte niemand an die moderne Popkultur, sondern eher an den Handel mit Waren. Der findet auch heute noch in Atlanta statt, nur sind es mittlerweile vor allem Drogen, die an einem der wichtigsten Autobahnknotenpunkte zwischen Süden und Norden und über den verkehrsreichsten Flughafen der Welt verkauft werden.

Beliebt bei der Oberschicht

Das findet sich in Atlantas Rap wieder: dem Trap. Das englische Wort für «Falle» meint im Jargon ein Haus, wo Drogen verkauft werden. Viele Trap-Musiker haben als Dealer begonnen. Bands wie Migos zeigen sich noch immer gerne mit ihren Uzis. Aber die Trapmusik ist nicht nur an sich erfolgreich: Die «Harvard Political Review» hat herausgefunden, dass seit 2015 mehr als doppelt so viele Rap-Songs aus Atlanta kommen als aus ­Südflorida, der Nummer 2 im Rap-Business. Der Trap ist mittlerweile auch zum Baustein für viele andere Musikgenres geworden und findet sich in der elektronischen Musik genauso wie im Country.

Trap hat einen langsameren Rhythmus als der durchschnittliche Rapsong. Typische Vertreter sind Migos, Young Thug, Future oder Gucci Mane. Die Songs klingen dunkler und erzählen oft vom Verkauf von Drogen und dem schnellen Geld. «Bad and Boujee» von Migos erzählt, wie es ist, nicht in der Mittelschicht aufgewachsen, dann aber mit Drogen reich geworden zu sein und dazuzu­gehören. «Boujee» ist ein Slangwort für bourgeois. Aber ihre Vergangenheit haben sie nicht vergessen, deshalb «Bad and Boujee».

Atlanta hatte in den neunziger Jahren schon einmal zwei starke Musikvertreter – die Rapgruppe OutKast («Hey Ya!») und die R’n’B Band TLC («No Scrubs»). Sie waren die ersten Musiker, die nicht mehr in den Norden gehen mussten, um ihre Karriere zu starten, weil es zum ersten Mal eine kleine Infrastruktur in der Stadt selber gab. Mittlerweile ist die Atlanta-Musikszene so wichtig geworden, dass auch andere Künstler wie Janelle Monaé kommen.

Aber nicht nur die Künstler kommen, auch die afroamerikanische Mittel- und Oberschicht hat Atlanta entdeckt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts flüchteten Millionen von Afroamerikanern in den Norden. Seit den siebziger Jahren kehren sie in kleinen Gruppen in den Süden zurück, seit zehn Jahren in grosser Zahl. Die afroamerikanische Oberschicht mag dabei vor allem Atlanta, weil Afroamerikaner hier am meisten verdienen und die traditionellen afroamerikanischen Universitäten hier sind. Hier sind sie überdies in der Mehrzahl. Die «New York Times» nannte Atlanta bereits «the Black Mekka».

Der wichtigste Künstler der Stadt ist Donald Glover, der dieses Jahr als Rapper Childish Gambino mit dem Video zu «This Is America» hohe Wellen schlug. Darin prangert er die Waffenobsession der USA an und fordert, dass Afroamerikaner monetär bekommen, was ihnen wegen der Sklaverei zusteht. Er ist der Inbegriff des neuen Atlanta: bürgerlich aufgewachsen, gebildet, gut vernetzt und erfolgreich. Dagegen stehen Migos für das alte Atlanta: arm, geprägt von Drogen und Gewalt, aber auch von der Fähigkeit, aus wenig viel zu machen. Glover dankte ihnen bei der letztjährigen Emmy-Verleihung. Er erhielt zwei Auszeichnungen für seine hochgelobte Serie «Atlanta». Diese erzählt von Earn (Glover), einem Uni-Abbrecher, der seinen rappenden Cousin Paper Boi managen will. Die Serie zeigt die dunkleren Ecken der Stadt, wo es noch dreckig ist, aber auch die Kreativität herkommt. Paper Bois Philosophie des Raps ist: «Aus einer schlechten Situation das Beste machen – das ist Rap.»

Am Trap zeigt sich denn auch alles, was Atlanta ausmacht: eine ausufernde Kreativität, abgrundtiefe Armut, die trotz Oberschicht und florierendem Arbeitsmarkt nicht auszumerzen ist, Reichtum und eine Kumulation von jungen Talenten.

Aber Glover ist nicht der Einzige, der hier Serien filmt. Die Stadt ist zu einem Anziehungspunkt für Film- und Fernsehproduktionen geworden. Mit dem «Entertainment Industry Investment Act» von 2008 bietet Georgia Steuerreduktionen, wenn im Staat gefilmt wird. Davon haben viele profitiert, letztes Jahr gab es über 320 Serien- und Filmproduktionen, die meisten um Atlanta. Diese führten gemäss Governor Nathan Deal zu Einnahmen von 9,5 Milliarden Dollar. «The Walking Dead» wird hier gefilmt, auch «Strangers Things» oder «Dynasty».

Die Stadt kann glänzen

Mit Steuerreduktionen haben schon viele Staaten Filmproduktionen angelockt, nur um später festzustellen, dass kaum Jobs entstanden. In Georgia ist das anders. Marvel hat in Atlantas Vorstadt die Pinewood-Studios gebaut, bereits «Thor: Ragnarok» und «Black Panther» wurden hier gefilmt, weitere Marvel-Filme sollen folgen. 

Das ist für die Stadt erfreulich, hilft ihr aber noch wenig, sich in der Welt zu präsentieren. Die Handlung ist nämlich meistens anderswo angesiedelt. Dabei hat Atlanta das Potenzial, auch selber zu glänzen. Edgar Wright hat das mit «Baby Driver» (2017) gezeigt. Mit seinem Soul-Soundtrack verkörpert der Film den Inbegriff von Coolness.

Gedankt hat Donald Glover in seiner Emmy-Dankesrede nicht nur Migos, sondern auch Atlanta und «allen schwarzen Menschen dort. Dafür dass ihr authentisch seid. Dafür, dass ihr am Leben und phantastische Menschen seid.» Und das ist ein weiterer Grund für den Aufstieg Atlantas. Denn heute bezeichnet sich eine Mehrheit junger Menschen in den USA als nicht weiss. Die Stadt ist jung, cool, kreativ, und sie ist schwarz. Das ist die Zukunft auch.

Atlanta ist jung, cool, kreativ, und es ist schwarz. Das ist die Zukunft auch. 

Im Morgengrauen bist du tot

Die Nacht hält unbegrenzte Möglichkeiten und nicht zähmbare Gefahr bereit. Szene aus dem Film «Asphaltgorillas».

In Filmen wie «So was von da» und «Asphaltgorillas» verändert eine Nacht das Leben der Protagonisten grundlegend. Das Vorbild dafür ist Shakespeare.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Am Ende des Abends liegen Oskar und seine Freunde mehr auf der Bar, als dass sie davor stehen würden. Vor ihnen Gläser mit Absinth, im Hintergrund pocht Elektromusik. «Schöner Moment. Gutes Ende. Abspann bitte», sinniert Oskar, der Protagonist des Dramas «So was von da», im Rausch. «Es sind alle da. Die ganze Familie. Schöner wird es heute Abend nicht mehr. Denn alles, was zählt, ist das Hier und Jetzt.» Zu dieser Erkenntnis kommt Oskar (Niklas Bruhn) nach einer Höllennacht voller kurzer, intensiver Begegnungen mit Freund und Feind in seinem halb zerfallenen illegalen Klub auf der Reeperbahn in Hamburg. Oskar ist nicht mehr, wer er am Abend davor noch war. Die Erlebnisse in dieser einen Nacht haben sein Leben für immer verändert. Dieses Motiv findet sich in unzähligen Filmen.

Das prägnanteste Beispiel ist der dystopische Horrorfilm «The Purge» (2013). Darin bleibt einmal pro Jahr nach Sonnenuntergang jedes Verbrechen straffrei. Die Idee dahinter ist eine Art soziale Säuberung, die für den Rest des Jahres Frieden schaffen soll. Während die Protagonisten die Gewalt zunächst noch befürworten, haben sie – nach dem durchlebten Schrecken – ihre Meinung bei Sonnenaufgang geändert.

Das Motiv der alles verändernden Nacht findet sich auch im Drama «Oh Boy» (2012) von Jan-Ole Gerster, in dem ein gescheiterter Student im nächtlichen Berlin eigentlich nur einen Kaffee trinken will, aber nach Begegnungen mit einem Altnazi, einer ehemaligen Schulkollegin und einer Gruppe Halbstarker bei Sonnenaufgang beschliesst, sein Leben endlich in den Griff zu bekommen.

Ausschweifungen im Dunkeln

Während der Tag für die Rationalität des Verstandes steht, sieht man in seinem dunklen Gegenspieler das Unbewusste, Psychotische, das, was geheilt oder ausgetrieben werden muss. Deshalb beschreiben wir die Aufklärung als jene Zeit, die Licht in das Dunkel des Mittelalters brachte, und deshalb reden wir von der Umnachtung des Geistes. Gleichzeitig sagen wir aber auch, etwas habe sich «im Schutze der Nacht zugetragen», als ob die Dunkelheit eine Art Nebelmaschine wäre, die illegales Tun verhüllt und Gefahr birgt, aber auch mehr Raum für Verführungen und Ausschweifungen bietet.

Diese Idee der Nacht als einer Bühne oder eines psychologischen Raums, in dem Träume, Traumata und Ausschweifungen so intensiv erfahren werden, dass die Protagonisten am Ende geläutert oder zumindest verändert aus ihr hervortreten, geht auf Shakespeare zurück. Sein Stück «Ein Sommernachtstraum» zeigt das exemplarisch: Im nächtlichen Wald treffen vier Verliebte aufeinander, beide Männer lieben Hermia, während Helena verschmäht wird. Da streicht das schelmische Feenwesen Puck den Männern einen Liebessaft ein, worauf sich beide in Helena verlieben. Als der Tag anbricht, können sich alle vier nicht mehr daran erinnern, ob die Geschehnisse der vorherigen Nacht Traum, Albtraum oder Realität waren. Aber weil das Erlebte ihre Psyche verändert hat, gibt es am Schluss zwei glückliche Paare.

Im Medium Film drängt sich dieses nächtliche Motiv geradezu auf, denn Filme ­entfalten ihre Wirkung erst in der künstlich erzeugten Nacht eines Kinosaales. Gleichzeitig benötigen sie Licht zur Herstellung, weil Dunkelheit nur in Kontrast zum Licht wiedergegeben werden kann. Die Nacht muss deshalb beleuchtet werden, damit sie darstellbar wird. Noch im Stummfilm konnte nur bei Tag gedreht werden, mittels blau eingefärbter Szenen vermittelte man den Eindruck von Dunkelheit. In den vierziger Jahren entstand die Ästhetik des Film noir. Werke wie «The Maltese Falcon» (1941) oder «Double Indemnity» (1944) enthielten viele düstere Szenen bei Nacht oder schlechten Lichtverhältnissen und gaben dem Genre nicht nur thematisch – es ging oft um zwielichtige Figuren und manipulative Frauen –, sondern auch visuell seinen Namen. 

Inzwischen ermöglichen Digitalkameras Aufnahmen auch bei sehr schwachen Lichtverhältnissen. So konnten die deutschen Produktionen «Asphaltgorillas» von Detlev Buck und «So was von da» von Jakob Lass tatsächlich bei Nacht gefilmt werden. Während Letzterer auf eher düstere Klubbeleuchtung setzt, badet «Asphaltgorillas» geradezu im Neonlicht. Die Actionkomödie, in der Atris (Samuel Schneider) nicht länger der Handlanger von Gauner El Keitar sein will und sich auf ein krummes Geschäft mit seinem Jugendfreund Frank einlässt, spielt in einer Berliner Nacht, die inszeniert ist wie eine Zwischenwelt aus Stripklubs, Shishabars und Dönerbuden.

In all diesen Filmen ist es aber nicht nur die Nacht an sich, die zur Veränderung in den Protagonisten führt, sondern Begegnungen mit Menschen, die dann anzutreffen sind. Die Dunkelheit bietet den Raum und die Bühne für das Durchleben von emotionalen Erfahrungen, die die Veränderung einleiten. Im Drama «So was von da», der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Musikjournalist Tino Hanekamp, ist es Oskars Begegnung mit seiner unglücklichen Liebe Mathilda, die Konfrontation mit Unterweltboss Kiezkalle, der von ihm 10’000 Euro Schutzgeld erpresst, und das Mitgefühl mit dem Unglück seiner Freunde Rocky und Nina, die Oskar erkennen lassen, dass nur der Moment zählt. Diese Einsicht ermöglicht es ihm, sein Leben neu zu beginnen.

Für Atris aus «Asphaltgorillas» ist es die Begegnung mit Frank, der ihm, wie schon damals in ihrer Kindheit, lauter Versprechen macht, aber keines davon hält, und die Treffen mit einer jungen Marie (Ella Rumpf), die Atris zweierlei einsehen lassen: Er muss nicht die Frau heiraten, die seine Mutter für ihn ausgewählt hat, und auch nicht für den immergleichen Gauner arbeiten. Er kann sich befreien und neu anfangen. Es ist dieser Neubeginn, den der Sonnenaufgang verspricht. Das kann nur ein Film.

Wie ein Gangster-Rap

Beide Werke verstehen die Nacht als Raum für psychologische Veränderungen, aber in der visuellen Umsetzung sind sie sehr verschieden. Während «Asphaltgorillas» auf eine schrille, glänzende, temporeiche Berliner Nacht setzt, lässt sich «So was von da» gemächlich durch das nächtliche Hamburg und den Abrissklub treiben. Leider will «Asphaltgorillas» dabei zu viel, preist sich dem Publikum als besonders cool an und wirkt dadurch anbiedernd und aufdringlich. Obwohl das Drama einige schöne Momente und tarantinoeske Kampfszenen aufzu­weisen hat, ist es zu glatt. «Asphaltgorillas» ist wie einer der Gangster-Rap-Songs, aus denen sein Soundtrack besteht: Der Film erzählt eine Geschichte, hat mehrere Abschnitte und Punchlines, aber er ist vor allem Oberfläche, Attitüde. Ihm fehlt das Herz.

«So was von da» hingegen gleicht mehr dem menschlichen Herzschlag, wie auch der Technobeat seines Soundtracks. Der Film hat keine komplexe Rahmenhandlung, muss er aber auch nicht haben. Er ist vielmehr interessiert an Momentaufnahmen, wie man sie in einer verrauchten WG als Polaroids aufgereiht an einer Schnur finden könnte, wobei jedes der Bilder einen ganz besonderen Moment dieser einen Nacht im Leben von Oskar festhält: das ausschweifende Partyleben, die Gespräche mit den Freunden, die Auftritte der Band Grossstadtgeflüster und Bela B. von den Ärzten. Und genau deswegen vermag der Film zu verführen, weil er nicht versucht, mehr zu sein, als er ist.

Aus den Wolken

Dramaserie «The Rain». Netflix. 8 Folgen à 45 Min. Von Jenny Ann Balverde, Esben Toft Jacobsen, Christian Potalivo. Mit Alba August, Mikkel Følsgaard, Lucas Lynggaard.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

1986 kam der Tod aus der Wolke. Über Monate hinweg war ganz Westeuropa in Angst, etwas von der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl abzubekommen. Der Himmel wurde misstrauisch beäugt, denn das radioaktive Material konnte in einer Wolke kilometerweit reisen und sich im Regen über ein weites Gebiet ergiessen. Die literarische Ver­arbeitung im Jugendbuch «Die Wolke» (1987) bescherte einer ganzen Generation Heranwachsender Albträume. Und jetzt ist die Wolke zurück, zur Ängstigung der nächsten Generation. Dieses Mal ergiesst sich im Regen kein radioaktives Material, sondern ein Virus, das die Menschen nicht in Zombies verwandelt, sondern unter viel Grunzen und Stöhnen und seltsamen Verrenkungen tötet. Simone und Rasmus werden von ihrem Vater, einem Wissenschafter, in einem geheimen Bunker versteckt, wo sie sechs Jahre ausharren, bevor das Essen aus ist und sie sich in der entvölkerten Landschaft durchschlagen müssen. 

Wie in allen Apokalypse-Geschichten geht es auch hier um eine Welt, in der keine Institu­tionen mehr funktionieren und jeder Mensch eher Feind als Freund ist. Wie üblich in solchen Szenarien finden sie eine Handvoll Überlebende, mit denen sie sich zusammenraufen. Gemeinsam versuchen sie herauszu­finden, ob es noch einen Ort gibt, wohin man flüchten könnte. Langsam dämmert den Geschwistern, dass der Vater etwas über das bevorstehende Unglück gewusst haben muss, und machen sich deshalb auf die Suche nach ihm. Die dänische Serie ist schön düster, hat höchst interessante Figuren mit Konfliktpotenzial und hält ihren Spannungsbogen bis zum Schluss.

Detektiv mit Einhorn

«Happy». Comedyserie. Netflix. 8 Folgen à 45 min. Von Grant Morrison und Darick Robertson. Mit ­Christopher Meloni, Patton Oswalt, Lili Mirojnick. 

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Nick Sax ist versoffen und mürrisch. Er hat weder seine Blase noch seine aggressiven Gefühlsschwankungen im Griff. Ausserdem hat er das Talent, mit jedem Menschen, den er trifft, in Streit zu geraten. So strolcht der Privatdetektiv rülpsend und um sich tretend durch New York. Das Einzige, was den ehemaligen Polizisten ab und zu auf den rechten Weg bringt, ist das dunkelblaue Einhorn Happy. Dieses schwebt über seiner Schulter und flüstert ihm ins Ohr, steppt ihm den Hoffnungstanz vor oder singt Weihnachtslieder. Happy ist der Phantasiefreund der Tochter. Die wurde von einem bösen Nikolaus verschleppt, und das Einhorn versucht nun, den versoffenen Detektiv, der bis vor kurzem noch nichts von seinen Vaterfreuden wusste, auf die Spur des entführten Nachwuchses zu lotsen. Wirklich einfach ist das nicht.

Die Serie «Happy» ist eine Adaption der gleichnamigen Comicbuchserie. Sie spielt in einem rabenschwarzen New York voller Gewalt und Abgründe, gleichzeitig verspottet sie positive Gefühle und noble Handlungen. Alles ist etwas übertrieben, die Gewalt und der Gefühlskitsch. Als Nick seiner Gefühle und über die Nachricht, eine Tochter zu haben, Herr zu werden versucht, versetzt ihn die Serie in den Wahnsinn einer Jerry-Springer-Show, wo er vor einer grölenden Meute versucht, seine Empfindungen in Worte zu fassen. Die Serie nimmt sich und ihre Figuren nicht wirklich ernst. Und das ist eine grosse Erleichterung. Serien ohne ausufernde Gewaltdarstellungen gibt es heute fast keine mehr. Erträglich ist das nur noch, wenn alles ein Witz ist. 

Schrecken im ewigen Eis

Serie «The Terror». Horrorserie. 10 Folgen à 45 Minuten. Von David Kajganich und Ridley Scott. Mit Ciaran Hinds, Jared Harris, Paul Ready u. a. Amazon Prime. 

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

1845 brachen die britischen Schiffe «Terror» und «Erebus» auf, um die Nordwestpassage in der Arktis zu durchsegeln und so für das Grossreich einen schnelleren Weg nach Asien zu finden. Keiner kehrte je zurück. Mehrere Expeditionen versuchten über 150 Jahre hinweg herauszufinden, was mit den 129 Männern an Bord geschah. Aber bis heute weiss man nur, dass alle umkamen und dass Kannibalismus eine Rolle spielte. Der Amerikaner Dan Simmons nutzte die spärliche Informationslage, um seine eigenen Ideen über das Los der Expedition in einem Roman zu verarbeiten, zu dem auch ein übernatürliches Element gehört.

Die Serie ist eine besonders brutale und blutige Version des politisch unkorrekten Kinderspiels «10 kleine Negerlein», in der der Zuschauer über 10 Folgen zusehen kann, auf welche phantasievolle Art und Weise ein Mann nach dem anderen umkommt. Obwohl die Schiffe in der weiten Arktis segeln, ist die Atmosphäre klaustrophobisch. Der dabei entstehende Schrecken fühlt sich an wie ein langsames Ersticken in der Desorientierung von Weiss und noch mehr Weiss. Die Serie ist so virtuos gefilmt, dass ihre ganze Pracht eigentlich auf die Leinwand gehörte. Als zum Beispiel Sir John Franklin, der Kapitän der Expedition, von einer Kreatur angegriffen wird, sieht man die Attacke aus der Perspektive seiner ihm zu Hilfe eilenden Männer, aus seiner eigenen Sicht und aus einer Art Vogelperspektive, aber nie wird klar, was da eigentlich angreift. Das verstärkt den Horror. Im Endeffekt ist die Serie eine Parabel über das Thema «Mensch gegen Natur», und wer da das letzte, blutige Wort hat, ist klar.

Hölle auf Erden

Serie «The Alienist». Detektivserie. Netflix. 8 Folgen à 50 min. Von Hossein Amini und Eric Roth. Mit Daniel Brühl, Luke Evans und Dakota Fanning. 

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Früher war nicht einfach alles besser. Es gab auch damals die Hölle auf Erden. Dass diese grässliche Vergangenheit überhaupt jemand überlebt hat, erstaunt einen immer wieder, wenn man deutsche Literatur liest oder sich Serien wie «The Alienist» ansieht. Hier leben die Menschen Ende des 19. Jahrhunderts in New York in rattenverseuchten Baracken. Sie haben keine Arbeit, und wenn sie doch einmal etwas Geld auftreiben, verspielen sie es sofort. Die Männer schlagen ihre Frauen und empfinden ihre Kinder nur als lästiges Übel. Der einzige gangbare Ausweg aus diesem Elend ist dann selbstverständlich die Prostitution. Und so gibt es überall in dieser fiktiven Version von New York Kinderbordelle, in denen sich Jungen als Mädchen verkleidet den Männern der oberen Tausend zur Befriedigung anbieten. 

So weit das Klischee. Diese Jungen werden nun aber in einer Jack-the-Ripper-Manier ermordet und ihre kleinen verstümmelten Körper überall in der Stadt kunstvoll in Szene gesetzt. Diese Gewaltexzesse schlagen dem Zuschauer leider auf den Magen. Ansonsten gibt es nicht viel auszusetzen an der Serie. Adaptiert wurde sie nach dem gleichnamigen Roman von Caleb Carr. Das alte New York wurde in Prag gefilmt und sieht faszinierend authentisch aus. Brühl als kalter, deutscher Psychologe, der versucht, den Mörder zu finden, wirkt realistisch, und Fanning als moderne, rauchende Frau, die noch dazu eine Pistole zu bedienen weiss, ist grossartig. Das Drehbuch schwächelt ab und zu in Bezug auf die Plausibilität, aber das Ambiente und die Figuren halten einen bis zum Schluss trotzdem bei der Stange.  

Allein gegen das Böse

«Bosch». Detektivserie. Amazon. 4 Staffeln zu 10 Folgen, je 60 Min. Von Eric Overmyer. Mit Titus Welliver, Jamie Hector, Amy Aquino, Lance Reddick. 

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Ein wortkarger, brütender Polizist, der Probleme hat,sich zu beherrschen, eine ungerechtfertigte Anschuldigung, die wie ein Damoklesschwert über ihm hängt, und eine düstere Stadt, in der das Böse hinter jeder Ecke zu lauern scheint und immer die Schwachen trifft – das sind bekannte Bestandteile des Film noir seit seiner Glanzzeit in den 1940er Jahren. Die Amazon-Serie «Bosch», der Polizist heisst mit vollem Namen tatsächlich Hieronymus Bosch, spielt mit genau diesen Elementen und bringt nicht wirklich etwas Neues ein. Das ist aber auch gar nicht nötig, weil die Noir-Elemente eben immer noch funktionieren, egal ob in den Future-Noir-Versionen von «Blade Runner 2049» oder «Altered Carbon» von Netflix, im Radioformat «Philip Maloney» oder in der Bücherserie «Bosch» von Michael Connelly, die als Vorlage für die Webserie dient. 

Bereits drei grosse Fälle hat Bosch in drei Staffeln zusammen mit seinem Partner gelöst, und ab 13. April macht er sich an seinen vierten. Darin ermittelt Bosch mit seiner neuen Partnerin den Mord an einem Menschenrechtsanwalt, der die Polizei von Los Angeles wegen Brutalität und Foltervorwürfen verklagt hat. Er muss versuchen, den Mörder zu finden, bevor es einen Aufstand in der Stadt gibt. Ausserdem sucht er noch immer nach dem Mörder seiner Mutter. Der Bosch-Darsteller Welliver («Lost», «Deadwood») hat schon viele harte Typen gespielt und passt mit seinem Gesicht, dem man das Leid der Vergangenheit ansieht, perfekt in die Rolle. Auch Jamie Hector und Lance Reddick haben sich bereits in «The Wire» bewiesen. 

Die Musikmogule

Serie «The Defiant Ones». 4 Folgen à 60 Min. Von Allen Hughes. Mit Dr. Dre, Jimmy Iovine, Patti Smith, Bruce Springsteen. Auf Netflix.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Was wird aus zwei jungen Männern aus dem Arbeiterviertel, die miserabel in der Schule sind? Genau, sie werden Musikmogule und hundertfache Millionäre. Die Netflix-Serie «The Defiant Ones» erzählt die klassische vom Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte, und für einmal ist sie sogar in der Realität wahr geworden. Dr. Dre kommt aus Compton, dem Ghetto in Los Angeles, war Mitglied der Rapgruppe N.W.A. und ist Musikproduzent. Jimmy Iovine fing als Putzhilfe in einem Musikstudio an und stieg zum Produzenten von Bruce Springsteen, Patti Smith und U2 auf. Schliesslich aber hatte Iovine genug von den langen Arbeitszeiten im Studio und beschloss, als Studioboss reich zu werden.Mit der Finanzierung von kontroversem Rap über das berühmte Label Death Row Records gelang ihm genau das, und er beförderte die Karrieren von Tupac Shakur, Snoop Dogg und Eminem. Wichtigster Produzent für diese Erfolge war Dr. Dre. Dieser hat die Nase fürs Talent und Iovine fürs Geschäft. Zusammen wurden sie unschlagbar. Die Macher der Dokumentarserie konnten viele berühmte Gesichter vor die Kamera ziehen, und die vier Folgen lassen erahnen, wie viele Leben die beiden verändert haben. Dabei kommt es über weite Strecke zu einer Verklärung der beiden als Götter im Musikolymp. Immerhin wird erwähnt, dass Iovine nicht aus purer Nächstenliebe so viel Macht akkumulierte und auch nicht immer korrekt vorging. Trotzdem nimmt man es der Darstellung ab, dass hier zwei Musiknerds ihre grössten Träume verwirklicht haben und dabei den Künstlern grösstmögliche kreative Freiheiten gelassen haben. Schön ist’s. 

Schlaue hören zu

Foto: Pexels, Magda Ehlers

Einst als Audioversion des Blogging belächelt, sind Podcasts in kürzester Zeit zu einem Industriezweig herangewachsen. Jetzt generieren sie alleine bei Apple über zehn Milliarden Downloads pro Jahr.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Seit ein paar Jahren sind Podcasts die Paninibilder der gutgebildeten Grossstädter. Wer Freunde trifft, zückt das Smartphone und tauscht Tipps aus. Die neueste Entdeckung wird dabei genauso stolz präsentiert wie das begehrteste Klebebildchen. Wer hat welchen Podcast schon gehört? Welche Sendung ist gerade besonders heiss? Auch auf Facebook gibt es entsprechende Gruppen. Doch wie ist es dazu gekommen? 

Zuerst waren ein paar technische Neuerungen nötig. Ende der neunziger Jahre war es zum ersten Mal möglich, Audiodateien übers Internet zu teilen. Ab dann konnte jeder in seinem Keller mit wenig Aufwand und Geld eine Aufnahme machen und in die Welt schicken. Es war die Blog-Version für schreibfaule Mitteilungsbedürftige. Damit war der Podcast (aus iPod und broadcast = Sendung) geboren.

2005 suchte Apple erstmals 3000 verschiedene Podcasts zusammen und stellte sie über iTunes gratis zum Herunterladen bereit. Und als man ab 2008 die Audiodateien per Knopfdruck direkt aufs Smartphone laden konnte, stieg das Interesse sowohl der Zuhörer wie auch der Macher. Die Anzahl der Podcasts wuchs exponentiell auf heute über 500 000 weltweit, die letztes Jahr alleine über iTunes mehr als zehn-Milliarden-mal angehört wurden.

Krimi aus dem Keller

Der Erfolg hängt auch mit Überschneidungen zwischen Radio und Podcasts zusammen. Journalisten, die vom Radio und Fernsehen kamen, erstellten privat ihre eigenen Audiodateien. Und Radiosendungen wurden nach der Ausstrahlung zum Herunterladen angeboten. So werden sie selber zu Podcasts, an denen sich die Amateure messen müssen.

Die Macher der Radiosendung «This American Life» aus New York sind darin besonders erfolgreich. Jede Woche bringen sie eine einstündige Reportage zu so unterschiedlichen Themen wie Gang-Kriegen in Chicago, Wörtern, die man nicht sagen kann, oder dem Operator eines Lügendetektors. Dabei werden oft anhand persönlicher Geschichten politische Zusammenhänge erörtert. Man investiert in den Aufbau der Geschichten und in die eigens komponierte Musik. Seit 2006 kann die Sendung heruntergeladen werden, seither wurde sie zur Urform und zum Massstab der heutigen Podcasts.

Der grosse Erfolg kam Ende 2014 mit dem Podcast «Serial». Die Journalistin Sarah Koenig von «This American Life» wurde auf den Mord an einer 17-jährigen Schülerin ­aufmerksam gemacht. Ihr Ex-Freund bekam dafür lebenslänglich. Seine Angehörigen hatten aber Zweifel an seiner Schuld und baten Koenig, den Fall genauer anzusehen.

Sie nahm Kontakt mit allen Beteiligten auf, stoppte die Fahrtzeit zwischen Tatort und Schule, an der zur Tatzeit gewesen zu sein der Ex vorgab, erstellte Diagramme und liess sich erklären, wie Handy-Ortung funktioniert. In ihrem Keller bastelte sie zusammen mit einer Kollegin eine Sendung, die in zwölf einstündigen Episoden den Fall nochmals aufrollte. Jede Woche veröffentlichten sie eine Folge übers Internet, und die Begeisterung der Hörer stieg kontinuierlich. Als die erste Staffel von «Serial» drei Monate später endete, waren die Folgen knapp 50 Millionen Mal heruntergeladen worden. Das sind mehr Zuhörer, als viele Serien Zuschauer haben. Eine neue Obsession war geboren.

Das Feld der Podcasts ist weit. Das Angebot reicht von Informationssendungen wie «Stuff You Should Know» über Neuigkeiten aus der Popkultur wie «Pop Culture Happy Hour», Comedy-Labershows wie «Fest & Flauschig» von Jan Böhmermann und Olli Schulz, bis zu Politsendungen wie «Slow Burn», in der der Watergate-Skandal über die persönlichen Geschichten der Betroffenen betrachtet wird. Nur ein Bruchteil der Audiodateien erzählt fiktive Geschichten. 

Der Erfolg der Podcasts hat mit unserer Sucht nach Selbstoptimierung zu tun. Während Fernsehen und Zeitungen unseren Blickkontakt erfordern, können Podcasts auch beim Kochen gehört werden. Will man beim Pendeln noch schnell etwas Englisch üben, hört man sich einfach «6 Minutes English» und das «Word of the Day» an.

Podcasts bilden in den USA inzwischen einen eigenen Industriezweig. Einnahmen werden hauptsächlich auf drei Arten generiert. «Serial» bekam Geld aus dem Budget des Radioprogramms «This American Life». Die Informationssendung «Theory of Everything» finanziert sich zu grossen Teilen durch Hörerspenden. Und fast alle Podcasts enthalten Werbung. Häufig lesen die Moderatoren die Werbetexte gleich selber vor. Eine von PricewaterhouseCoopers überwachte Studie fand heraus, dass die Werbebranche letztes Jahr in den USA 220 Millionen Dollar in Podcasts investiert hat. Das ist vergleichsweise wenig, Radios nahmen in der gleichen Zeit 14 Milliarden Dollar ein.

Aber Hilfe ist in Sicht. Durch iTunes ist es Apple nun möglich, genauere Daten über den Podcast-Konsum zu liefern. Zusammen mit den Messinstituten Nielsen Media Research und Edison Research hat man herausgefunden, dass die meisten Zuhörer überdurchschnittlich gebildet und vermögend sind und zu 80 Prozent eine Folge ganz oder fast vollständig anhören. Diese Argumente werden den Machern bei zukünftigen Verhandlungen mit der Werbebranche helfen.

Schweizer lieben Nachrichten

Das grosse Potenzial von Podcasts haben kürzlich zwei weitere Industriezweige entdeckt: die Musik- und die Fernsehindustrie. Die fiktiven Formate «Homecoming» und «Limetown» werden beide als Serien verfilmt. Für das erstere konnte Julia Roberts gewonnen werden. Die Streamingplattformen Spotify und Google Play Music haben dazu ihren eigenen Podcast lanciert, in dem sich die Moderatoren mit Künstlern über Musik unterhalten und auf die Playlists aus dem gleichen Haus verweisen. So wird Werbung als Information getarnt.

Dabei unterscheidet sich das Hörverhalten von Amerikanern und Europäern. In den USA laufen vor allem Reportageformate wie «Serial» gut. Deutsche hingegen haben eine eigene kleine Podcast-Industrie, viele Sendungen sind in den Top Ten bei iTunes vertreten. Neben Politsendungen erfreut man sich besonders an Talkshows ober- und unterhalb der Gürtellinie: In «Besser als Sex» reden zwei Frauen über körperliche Liebe, und in «Beste Freundinnen» sind es zwei Männer. Der Grossteil der Schweizer hingegen schaut kaum über den Tellerrand hinaus und setzt auf bewährte Radiosendungen wie «Echo der Zeit» oder hält sich an Podcasts etablierter Institutionen wie «Global News» von BBC oder «The Daily» der New York Times.

Da ist es erfreulich, dass nicht nur viele amerikanische Institutionen Kurse in Podcasting anbieten, sondern auch die Journalistenschule MAZ in Luzern. Denn eines hat sich gezeigt: Podcasts sind kein Nischenphänomen mehr, sondern eine eigene Industrie mit Talent, Potenzial und Einfluss.

Unsere Favoriten

In «S-Town» zeigen die Macher von «Serial» die dunklen Seiten eines Südstaatenidylls.

In den Folgen von «Song Exploder» analysieren die Musiker detailgenau einen ihrer Songs.

«Missing Richard Simmons»: Ein Fan sucht nach dem ­verschwundenen Abnehmpapst.

«More Perfect» widmet sich Urteilen des Obersten US-Gerichts und deren Auswirkungen.

Kontrovers

Gerichtsdrama «The Good Fight». CBS. 13 Folgen à 45 Min., 2017. Von Michelle und Robert King. Mit Christine Baranski, Cush Jumbo, Rose Leslie und Delroy Lindo.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Bereits mit der Vorläufer-Serie «The Good Wife» zeigten die Macher ihr grosses Interesse an politischen Entwicklungen und den Wunsch, mit ihren Geschichten aktuell zu sein. In einer Storyline informierten sie die breite Öffentlichkeit über systematische Polizei-Folter in illegalen Gefängnissen in Chicago oder machten auf die ausufernde Überwachung des amerikanischen Staates aufmerksam. In ihrer Spin-off-Serie steht die weisse Anwältin Diane Lockhart im Zentrum. Nachdem diese wegen der Betrügereien des Vater ihres Patenkindes ihr gesamtes Vermögen verloren hat, muss Diane eine neue Stelle annehmen. Angeworben wird sie von einer afroamerikanischen Anwaltskanzlei. Dort erfahren sie, ihre Patentochter und ihre Assistentin als Weisse das Leben einer Minderheit.

Weil niemand in der Produktion mit dem Sieg von Donald Trump gerechnet hatte, musste die Eröffnungsszene, in der Diane den Sieg von Hillary Clinton feiert, neu gefilmt werden. Das Thema Trump wird dann mehrfach angesprochen, zum Beispiel als bekannt wird, dass einer der afroamerikanischen Anwälte für ihn gestimmt hat, was ihn zum Aussätzigen macht. 

Gerichtsdramen eignen sich gut, um kontroverse Themen zu beleuchten, weil eine Verhandlung dramaturgisch die Möglichkeit bietet, zwei unterschiedliche Meinungen argumentativ aufeinandertreffen zu lassen. So hilft in einer Folge ein Arzt bei einer Operation eines bekannten Terroristen mit. Das führt zur Frage ,ob jemand bereits ein Terrorist ist, wenn er einem Terroristen Hilfe gewährt. Die erste Staffel gibt es zu kaufen, die zweite läuft derzeit in den USA.