Bugg stürzt tief

Jake Bugg: On My One. Virgin/EMI.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Sie hatten es ihm ja vorgeworfen. Die Medien. Die Musiker. Dass er seine Songs nicht selber schrieb. Und nun hat er es getan. Und scheitert damit grandios. Insofern sind wir alle ein wenig mit schuld an dem Schlamassel. Aber als der damals 18-jährige Jake Bugg 2012 mit seinem Debütalbum auf der Bildfläche erschien, waren sie alle hingerissen. An die Beatles erinnerte viele Kritiker seine Musik oder an Jimi Hendrix. Diese Reife, diese Begabung! So viel Begeisterung konnte ja nicht lange gutgehen. Und nach «Shangri La», dem Zweitling von 2013, folgte bereits 2015 der Fall, als bekannt wurde, dass er die Songs eben nicht selber schrieb. Noel Gallagher, der ihn 2012 noch mit auf Tour genommen hatte, bekundete lauthals, sein Herz sei gebrochen und Leute wie Bugg seien schuld daran, dass die Musik sterbe. Nun, ganz so dramatisch ist es natürlich nicht, denn wer selber etwas nicht gut kann, der lässt sich besser helfen. Das ist auch die Lehre aus «On My One». Das Album beginnt rührend und urkomisch, wenn Bugg in bester Blues-Manier sein hartes Leben besingt. Aber nicht Knochenarbeit oder Hunger setzen ihm zu. Nein, es sind die vielen Hotels, die Auftritte. Man kann sich das Lachen nicht verkneifen. Unglücklicherweise versucht sich Bugg auch noch als Rapper. Er hätte sich besser helfen lassen. Da wäre uns einiges erspart geblieben. 

Schöne Songs, die man rasch vergisst

Tom Odell: Wrong Crowd. Sony.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Es gibt rein gar nichts auszusetzen an Tom Odell. Der Mann ist nett. Wenn man ihm gegenübersitzt, wirkt er unschuldig und jünger, als er mit 25 eigentlich ist. Ende April verzückte der Londoner auch die Zürcher im ausverkauften «Mascotte». Die jungen Frauen im Publikum nickten sich aufgeregt zu. Ja, er war wirklich hier. Und ja, er war wirklich so grossartig, wie sie sich das vorgestellt hatten. Die Show war perfekt choreografiert. In den emotionalen Momenten wurden Licht und Nebel so eingesetzt, dass er wie eine überirdische Gestalt durch den Dunstschleier schimmerte – kaum greifbar, nicht ganz von dieser Welt. Aber der Mann weiss wirklich zu begeistern. Während «Another Love», seinem grössten Hit, und «Wrong Crowd», der ersten Single aus seinem neuen Album, kochte der Saal unter den stampfenden Füssen der Tanzenden. Die Songs des zweiten Albums hören sich insgesamt an wie eine nahtlose Verlängerung von Odells Debütalbum. Eine Entwicklung stellt man nicht fest. Aber die braucht es anscheinend auch nicht. Der Sänger hat seinen Stil gefunden, der ihn und seine Fans befriedigt. Die Songs sind angenehm fürs Ohr, und man mag sie auch ein drittes und viertes Mal anhören. Was will man mehr? Nun, trotz der eingängigen und im Moment mitreissenden seiner Songs bleibt am Ende nicht viel übrig. Ja, es war schön, aber fünf Minuten später hat man das bereits vergessen. 

Im Arm eines guten Freundes

The Strumbellas: Hope. Vertigo.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Nein, besonders innovativ ist die Musik der Strumbellas nicht. Wer auf der Suche nach Neuem ist, sollte sich lieber das neue Album «The Colour in Anything» von James Blake anhören. Herr Blake hat ja dieser Tage den Ritterschlag der Queen, also nicht der englischen, sondern Pop-Queen Beyoncé erhalten, als er auf dem neuen Album gleich mit zwei Songs vertreten sein durfte. Aber weil wir vor zwei Wochen schon einen Lobgesang auf «Lemonade» angestimmt und dabei auch Herrn Blake lobend erwähnt haben, wenden wir uns diese Woche einem «guilty pleasure» zu. Die Musik der kanadischen Band The Strumbellas ist wie der warme, schon leicht schwere Arm eines angetrunkenen Freundes auf den Schultern, während Sie und er ziemlich falsch, dafür mit umso mehr Herzblut zur Musik mitsingen. Die Songs des im Jahr 2008 in Lindsay gegründeten Sextetts folgen dem immer gleichen Muster: Sänger Simon Ward beginnt mit sanftem Gesang ein eher düsteres Bild zu zeichnen, wonach die anderen fünf Bandmitglieder langsam einstimmen. In der Folge nimmt der Song nicht nur eine positive Wendung, sondern gewinnt auch beträchtlich an Schwung und zieht einen mit, ganz wie der erwähnte warme Arm eines Freundes. Und das ist emotional unheimlich befriedigend. Sie sind noch unentschlossen? Hören Sie sich wenigstens den Song «Young & Wild» auf «Hope», dem dritten Album der Band, an. Sie sind auch danach nicht überzeugt? In dem Fall sollten Sie sich wirklich besser das Album von James Blake besorgen. 

Limonade aus Zitronen

Aus der bitteren Ehekrise mit Gatte Jay-Z hat Beyoncé auf ihrem Album «Lemonade» süsse Erfrischung gemacht.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Nicht viele Frauen schaffen es, mit einem Baseballschläger in der Hand sexy auszusehen. Aber Beyoncé Knowles gelingt genau das, wenn sie im Film «Lemonade» in einem wallenden, gelben Kleid majestätisch eine Strasse hinunterschreitet und dabei mit viel Schwung Autofenster zertrümmert. So als handle es sich um den Kopf ihres Ehemannes Jay-Z.

Was ist passiert? Er hat sie betrogen. Offiziell bestätigt wurde es nie. Aber Knowles beschreibt den Seelenschmerz auf ihrem neuen Album so eindrücklich, dass kaum jemand mehr daran zweifelt. Gerüchte kamen schon einmal auf. 2014. Als ein Video veröffentlicht wurde, das zeigt, wie ihre kleine Schwester Solange ihren Ehemann Jay-Z im Lift vermöbelt. Seither hat Queen Bey geschwiegen. Dass sie nun plötzlich Details dazu preisgibt, hat alle genauso überrascht wie die plötzliche Veröffentlichung ihres neuen Albums «Lemonade». 

Doch in der Zwischenzeit hat sie zum Auftakt ihrer Welttournee ihrem «wunderbaren Ehemann» gedankt. Also alles wieder gut? Scheint so. «Lemonade» ist auch kein Trennungsalbum. Im Gegenteil. Beyoncé gelingt, was sie mit dem Titel andeutet: Sie macht aus Zitronen Limonade und versucht damit dem Schmerz etwas Positives abzugewinnen. Das Album ist eigentlich zweigeteilt. Sechs der zwölf Songs drehen sich um den Betrug und zeichnen die verschiedenen emotionalen Phasen des Schocks nach. «Du bist nicht mit einer gewöhnlichen Schlampe verheiratet, Junge», erinnert Beyoncé ihren Ehemann. Als ob sie das nötig hätte. Statt in Selbstmitleid zu versinken oder mit stoischer Miene hinter ihrem betrügerischen Mann zu stehen, besinnt sich Queen Bey auf ihre Kultur, was den zweiten Teil des Albums dominiert. «Denn eine Gewinnerin gibt sich nie selber auf», singt sie.

Und so zelebriert sie auf ihrem Album und noch mehr im dazugehörigen Film afroamerikanische Weiblichkeit. Dieses «visuelle Album» wurde in den USA auf HBO ausgestrahlt und ist nun bei iTunes und Amazon erhältlich. Die Videoclips der zwölf Songs werden durch die von Beyoncé vorgelesenen Texte der somalisch-britischen Lyrikerin Warsan Shire zusammengehalten. Die Worte der 27-jährigen Immigrantin prickeln wie Eiskristalle über den Rücken und hallen wegen ihrer eigenwilligen Sprachbilder noch lange nach. Der ganze Film feiert die afroamerikanische Kultur. Frauen, die zusammen leben, an langen Tafeln zusammen essen oder tanzen. Auch die Mütter der von weissen Polizisten erschossenen jungen Männer Michael Brown, Eric Garner and Trayvon Martin sind zu sehen, wie sie Porträts ihrer Söhne in die Kamera halten. Eingewoben werden Szenen aus New Orleans, der Stadt, die spätestens seit Hurrikan «Katrina» zum Inbegriff der Ungleichheit der Ethnien in den USA wurde. 

Im letzten Stück ihres Albums, «Formation», stellt sie sich in die Tradition der «Black Is Beautiful»-Bewegung der 1960er: «Ich mag die Afro-Locken meines Kindes. Ich mag meine Negernase und die Jackson-Five-Nasenlöcher.» Auch musikalisch gibt das Album einiges her. Beeindruckend sind vor allem die Mitwirkenden: DJ Diplo hat an zwei Stücken mitgearbeitet, genauso wie Ezra Koenig, der Sänger von Vampire Weekend, Sänger The Weeknd, Musikproduzent James Blake und Rapper Kendrick Lamar, und auch Jack White war beteiligt. Er sampelte Led Zeppelin für «Don’t Hurt Yourself». Die Musikstile reichen von Pop über R & B bis zu Country für das Stück «Daddy Lessons». Viele Helden der afroamerikanischen Kultur sind gefallene Helden: Bill Cosby, O. J. Simpson, Michael Jackson. Im Film zitiert Beyoncé Malcolm X: «Die am wenigsten respektierte Frau, die am wenigsten geschützte Frau, die vernachlässigtste Frau Amerikas – ist die schwarze Frau.» Das ist heute noch bittere Realität in den USA. Immerhin gelingt es immer mehr Frauen, wie Oprah Winfrey und Michelle Obama, diesem Schicksal zu entrinnen. Auch Beyoncé gesellt sich zu ihnen – gewohnt sexy und neuerdings auch kämpferisch, notfalls mit einem Baseballschläger in der Hand.

Wo es weh tut

Anohni: Hopelessness. Rough Trade.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Die britische Sängerin Anohni war lange unter ihrem Geburtsnamen Antony Hegarty und als Sängerin der Band Antony and the Johnsons bekannt. Ihre Spezialität sind wehmütige Liebeserklärungen. Diese zerren manchmal so sehr am Herzen, dass man wie auf Messers Schneide zwischen schmerzhafter Glückseligkeit und ekstatischem Seelenschmerz balanciert. Mit dem Namenswechsel hat sich nicht nur ihr Musikstil verändert, sie äussert sich in ihren Songs nun auch politischer. Wie ihr Projekt «Hercules and Love Affair» ist ihr neues Album der Dance-Musik zuzurechnen. Anohni sagt dazu: «Viele meiner Fans werden damit nichts anfangen können.» Das könnte auch am Inhalt ihrer Songs liegen. Sie prangert an – wütend, enttäuscht und kämpferisch: Obama, die Erderwärmung, die Exekutionen in den USA, den Drohnenkrieg. In «Obama» klingt ihre sonst so fein modulierte Stimme tief und monoton, wenn sie den Präsidenten anklagt, der seine Anhänger enttäuscht habe. Im Song «4 Degrees» nimmt sie sich auch selber als Teil des Problems der Erderwärmung wahr, während sie sanft, dafür umso provokativer singt: «Ich will diese Welt kochen sehen. Ich will sie brennen sehen. Es sind ja nur 4 Grad.» Stimmt, sie klingt anders und ist doch dieselbe. Anohni ist jemand, der starke Gefühle so in Worten auszudrücken vermag, dass sie treffen. Dort, wo es weh tut. 

Mehr Herzblut wäre besser

Teleman: Brilliant Sanity. Moshi Moshi Records.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Aus der Asche der englischen Indie-Rockband Pete and the Pirates gestiegen, formierten sich drei ihrer Mitglieder neu als Teleman. Dabei sind an die Stelle der dominanten Gitarrenriffs ominös wummernde Orgelklänge getreten. Aus der Rock- wurde eine Synthie-Band. Das ist aber auch schon das einzig auffällige Merkmal. Die Musikstile der beiden Bands klingen sonst fast identisch. Das zweite Album von Teleman beginnt vielversprechend mit dem Stück «Dusseldorf», das es mühelos schafft, aufgestellte Leichtigkeit mit tiefer Melancholie zu verbinden. Unnötigerweise fasst dann eine Frauenstimme in der Mitte des Stücks das Geschehen auf Deutsch nochmals zusammen. Im dazugehörenden Video spielen die vier Londoner apathisch vor einem übergrossen Spiegel, in dem auch die Filmcrew zu sehen ist. Diese bemühte Intellektualität geht einem auf die Nerven und täuscht auch nicht über Schwächen hinweg. Die Stücke «Glory Hallelujah», «Canvas Shoes» und «Tangerine» ertrinken in Gewöhnlichkeit. Eine Qual für die Ohren! Das Glanzstück des Albums «Fall in Time» ist ein verzweifeltes, verletzliches Liebeslied mit der Zeile: «Ich kann es mir nicht leisten, nicht um dich zu kämpfen.» Mehr Herz und weniger Intellekt hätte der Band gutgetan. Wer sich selber ein Bild machen möchte: Am 3. Mai treten die Londoner in der Roten Fabrik in Zürich auf. 

Im Hinterland

The Lumineers: Cleopatra. Decca.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Vier Jahre haben sich die Lumineers Zeit gelassen für ihr zweites Album. Noch mehr als auf ihrem Debüt besingen die drei aus Denver mit eingängigem Folk die Americana. Dabei fehlen Höhepunkte wie die stampfende Hymne «Hey Ho» ihres ersten Albums. Dafür erzählt die Band zerbrechliche Alltagsgeschichten: von einem alten Mann im Spital in «Long Way from Home», dessen Spitalkittel immer zu kurz ist, und einem Paar, das in «Sleep on the Floor» nachts heimlich aus der erdrückenden Kleinstadtidylle flieht. Oder sie besingen in «Cleopatra» eine Taxifahrerin, Zigarette im Mundwinkel und eine Dose Bier zwischen die Schenkel geklemmt, die ihr ganzes Leben Pech hatte: «Ich kam immer zu spät, nur zu meinem Tod werde ich pünktlich sein.» Mit dem Album schreibt die Band keine Musikgeschichte, aber sie setzt den Menschen des amerikanischen Hinterlandes ein berührendes Denkmal, wie so viele vor ihnen. Ganz im Stile der Folklegende Woody Guthrie oder des literarischen Übervaters John Steinbeck. Leider ist eines ihrer beliebtesten Live-Stücke, «Falling in Love», auch auf dem neuesten Album nicht zu finden. Aber vielleicht würde eine Aufnahme dem Stück die Magie rauben. So existiert es nur in Form von Youtube-Videos von Sommerkonzerten, genauso wie eine flüchtige Sommerliebe. 

Freunde aus Köln

AnnenMayKantereit: Alles Nix Konkretes. Universal Music.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Die Stimme klingt nach fünfzigjährigem Altrocker. Nach Zigarren und Whisky. Kratzend, tief, wuchtig. Aber gehören tut sie zum schmächtigen 23-jährigen Henning May. Einem der drei Gründungsmitglieder, aus deren Nachnamen sich ihr Bandname zusammensetzt. Es sind Jugendfreunde, die zusammen aufs Gymnasium in Köln gingen. Seit vier Jahren machen sie zusammen Musik. Anfangs haben sie oft auf der Strasse gesungen, bis ein Passant ein Video von ihnen online stellte, das in kurzer Zeit 15 000-mal angeklickt wurde. Da wurde ihnen klar, dass es auch anders gehen könnte. Mittlerweile reissen sich die Konzertveranstalter um sie, ihre Auftritte sind fast alle ausverkauft (so auch in Zürich im «X-tra», 14. 4.). Ihre Musik bezeichnen sie als «handgemacht» und meinen damit, dass sie nicht perfekt klingen soll. Es werden Vergleiche gezogen zu Tocotronic und Echt, die dem Stil von AMK aber nicht gerecht werden. Sie sind weder so politisch, noch machen sie seichten Pop. Sie klingen vielmehr nach Folk und den Beatsteakes. Sie singen aufrichtige, direkte Texte über ihr Leben («Es geht mir gut»), ihre Freundschaften («Wohin du gehst») und die Verflossene («Pocahontas»). Eröffnet wird das Album mit einer Ode an den Vater «Oft gefragt». Davon angesprochen fühlt sich nicht nur ihre eigene Generation. Es ist schwierig, diesem rauen, direkten Charme nicht zu erliegen. 

Jedes Stück ein anderer Sound

James Supercave: Better Strange. Fairfax. 

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Im Raum Los Angeles kursiert die Band James Supercave seit einigen Jahren auf diversen «Bands to Watch»-Listen. Verschiedene Blogs prophezeien ihr eine grosse Zukunft. Bis vor kurzem basierten diese Einschätzungen nur auf Konzerterfahrungen der Autoren, da offizielle Tonträger der Band fehlten. 2015 brachte die dreiköpfige Gruppe die EP «The Afternoon» heraus und im Februar dieses Jahres endlich auch ihr Debütalbum «Better Strange». Die grossen Medien nehmen sie noch immer kaum zur Kenntnis, dafür gab es bereits ein anerkennendes Kopfnicken der beiden einflussreichen amerikanischen Radiostationen NPR und KCRW und des Musikmagazins «Noisey». Die ehemaligen Musikstudenten besingen in ihren Songs sozial brisante Themen, auch wenn der Perfektionismus ihres Sängers sie davon abhält, sie aktueller zu veröffentlichen. So bezieht sich das Stück «Chairman Gou» auf Foxconn-Gründer Terry Gou und die Selbstmorde seiner Angestellten im Jahr 2010. Musikalisch ist die Band an der Kreuzung zwischen psychedelischem Elektropop und Indierock zu finden. Begleitet wird sie von Joaquin Pastors Stimme, die wie auf Helium tönt. Herausragend macht ihr Album die Lust am Experiment. Kein Stück klingt wie das vorherige. Man kann nur hoffen, dass ihre Zukunft so brillant ist, wie sie den Musikern prophezeit wird, und sie bald einen Abstecher nach Zürich machen. 

Klingt wie eine Fee

Eerie Wanda: Hum. Beyond Beyond Is Beyond.

Von Murièle Weber (NZZ am Sonntag)

Der Name Eerie Wanda (auf Deutsch: gespenstische Wanda) erinnert an verfallene Schlösser und spukende Geister. Dabei klingt die Musik wie ein leichter Morgennebel über grünen Auen. Zart und flüchtig wie der weisse Wasserdampf zieht sie langsam über die grünen Gräser. Die sie begleitende Stimme von Marina Tadic klingt darüber wie eine sanfte Sirene, die den frühmorgendlichen Spaziergänger zu sich lockt, ohne dass er die Verführerin jemals zu Gesicht bekäme. Sie bleibt diese körperlose lockende Stimme. Die Kunststudentin Marina Tadic hat einen Grossteil der Songs alleine in ihrem Zimmer geschrieben. Dabei hat sie sich von The Velvet Underground und Beat Happening inspirieren lassen. Ihre Musik kursierte anschliessend auf Demo-Tapes in der Amsterdamer Musikszene, bevor ihr ein Freund vorschlug, eine Band zu gründen und die Songs professionell aufzunehmen. Das herausragendste Merkmal dieser Musik, diese Sanfte-Morgennebel-Qualität, die einen anfänglich lockt, wird mit der Zeit leider zähflüssig. Denn spätestens nach dem achten Song wird der Sound zu einem Einheitsbrei, der sich einem wie ein klebriges Spinnennetz um die Beine wickelt. Wer auf der Suche ist nach atmosphärischer Musik, liegt mit dem Album «Hum» goldrichtig. Aber wer seine Songs wie einzelne Perlen auf einer Schnur aufgereiht mag, wo jede für sich glänzt, sollte besser die Finger davon lassen.